Erkenntnisse und Ergebnisse aus meiner persönlichen Blog-Dekade

Dieser Artikel gibt einen Einblick in die Erkenntnisse und Ergebnisse aus meiner persönlichen Blogdekade. Es ist nicht immer einfach neben einem Vollzeitjob und Familie noch genügend Zeit fürs Schreiben zu finden. Weil ich aber weiss, dass regelmässiges Bloggen mir guttut und mein Leben bereichert, suche ich nach Zeitfenstern, während derer ich mich in das Bloggen vertiefen kann. Am einfachsten lässt sich dies in den Schulferien realisieren.

Im Rahmen meiner Intensivweiterbildung muss ich ein persönliches Projekt realisieren – eine Woche Selbststudium. Das Thema steht mir frei, die einzige Bedingung ist, dass ich mich eine Woche intensiv mit einem Thema beschäftige. So kam es, dass ich anfangs Oktober meine ganz persönliche Blog-Dekade durchführte.

Ganz alleine, ohne die Unterstützung einer Community. Ich war die Initiatorin und zugleich die einzige Akteurin meines Projekts. Die Interaktion würde daher ausschliesslich mit mir selbst stattfinden. Warum ich den Zeitrahmen von 10 Tagen wählte? Vielleicht, weil eine Dekade nun mal 10 Tage umfasst. Vielleicht wollte ich mir aber auch einfach 10 Tage zum Schreiben nehmen 🙂 .

Ich wollte mich bedingungslos auf den Schreibprozess einlassen. Materialien und Ideen waren vorhanden. So befanden sich aktuell mehr Entwürfe und Ideen als veröffentlichte Artikel in meinem Ordner. Die perfekte Gelegenheit, das Notwendige (Selbststudium) mit dem Schönen, Bereichernden (Bloggen) zu verbinden.

Das Ergebnis darf sich durchaus sehen lassen: 5 Blogartikel in 10 Tagen.

Blog-Ergebnisse meines Selbststudiums:

1. Aus dem Entwurfordner …

Als Erstes nahm ich den Monatsrückblick vom Juni in Angriff. Eigentlich war er schon beinahe fertig geschrieben, aber etwas in mir sperrte sich gegen die Veröffentlichung. Das spürte ich erneut, als ich den Entwurf öffnete. Ich wollte ihn beenden, aber ein Teil von mir leistete massiven Widerstand. Der Stuhl war unbequem, dann hatte ich Durst, musste noch dringendes Telefonat führen … Kurz, ich kam nicht zum Schreiben.

Also klappte ich den Computer wieder zu, holte mein Schreibbuch, nahm meinen Lieblingsstift hervor und schrieb über Isabelle (sie ist die Hauptperson des Rückblicks). Ein Strom von Erinnerungen floss aufs Papier, ich weinte und lachte während des Schreibens. Nach einer Stunde hatte ich ausgeschrieben und eine angenehme Ruhe machte sich in mir breit. Nun war ich bereit, diesen Monatsrückblick zu beenden und zu veröffentlichen.

2. An einer Blogparade teilnehmen?

Wie es mir beim Schreiben ergehen kann , zeigt die Geschichte des nächsten Blog-Artikels. Eigentlich wollte ich einen Beitrag für die Blogparade bei Lemondays zum Thema „Träumst Du noch Dein Leben oder lebst Du schon Deinen Traum?“ verfassen. Ich hatte noch nie zuvor an einer Blogparade teilgenommen, aber schon viel darüber gehört. Warum nicht mal ausprobieren?

Allerdings sprach mich das Thema nicht sonderlich an. Um ehrlich zu sein, ich kann diesem Satz rein gar nichts abgewinnen. Warum soll ich all meine Träume leben wollen? Andererseits wollte ich doch an der Blogparade teilnehmen. Ich war gespannt, welche Inputs mir meine Écriture automatique zum Thema „Traum“ geben würde.

Und wie so oft, führten mich meine Gedanken zu einem ganz anderen, unerwarteten und nicht geplanten Artikel „Und dann bin ich erwacht, es war alles nur ein Traum“: der Satz, der tolle Geschichten killt. Der Text schrieb sich beinahe von selbst. Ein unglaublich schönes Gefühl.

Ich habe den Text heute nochmals gelesen. Abgesehen von der offensichtlichen Thematik sagt er viel darüber aus, was Schreiben für mich bedeutet. Beim Schreiben purzeln Buchstaben aus meinem Innern und manifestieren Inhalt. Nicht planbar, unvorhersehbar, aber lustvoll. Dieser Prozess ist von archaischer Kraft, nicht lenkbar und magisch. Und macht Lust auf mehr, ja beinahe süchtig.

Das Ende dieses Flows ist, wie wenn man aus einem wunderschönen Traum erwacht. Ein schönes, warmes Gefühl hat sich im Körper und Geist breitgemacht und nur langsam kehren die Sinne wieder in die Realität zurück. Womit bewiesen wäre, dass ich meinen Traum lebe 🙂 .

3. Schreibintensive Erkenntnisse …

Ursprünglich hatte ich vor, während meines Schreibprojekts die Zahl meiner Entwürfe abzuarbeiten. Aber mit jedem neuen Artikel entstehen mindestens drei weitere Ideen, die dann ihren Weg in den Entwurfordner finden. Es ist wie ein Ideenkrake, aus dem weitere Arme rauswachsen. Und dabei hatte ich mich vor dem Verfassen meines allerersten Blog-Artikels noch gefragt, worüber ich überhaupt schreiben könnte.

Inzwischen war bereits der 12. Oktober, der fünfte Tag meiner persönlichen Challenge, und ich hatte bisher „erst“ zwei Artikel geschrieben. Kam mir das irgendwie bekannt vor? Genau – im August hatte die Blog-Dekade der Content Society stattgefunden, an der ich teilgenommen hatte. Also genau der richtige Zeitpunkt, um zurückzuschauen, zu reflektieren und meine Erkenntnisse meiner ersten Blog-Dekade festzuhalten.

Dieser Artikel Erkenntnisse der schreibintensiven Blog-Dekade wurde zu einer Offenbarung. Im Zentrum meines Schreibens steht nicht die Anzahl der veröffentlichten Artikel, sondern das Schreiben an sich. Noch nie zuvor habe ich mich so bewusst und so tief mit meinem Schreiben und meiner Haltung zum Schreiben befasst. Und das will was heissen. Immerhin arbeite ich seit Jahren als Schreibberaterin 🙂

4. Lasst Bilder sprechen

Wie gesagt, es war der 12. Oktober. Zeit für das traditionelle 12 von 12, der Blogger:innen-Tradition, in der 12 Bilder des Tages veröffentlicht werden.

Ich weiss, dass man den Alltag dokumentieren soll. Aber wenn ich mir jeweils die schönen Beitragsbilder der anderen Teilnehmer:innen anschaue, da blutet mein Herz schon ein wenig. Die zeigen mir wunderschöne Eindrücke aus Städten, von Spaziergängen, dem Meer, der Natur … Aber das sollte sich am 12. Oktober ändern.

Immerhin waren Ferien, ich musste an diesem Dienstag nach Zürich (hatte den Termin bewusst so gelegt) und beschlossen, ganz viele Bilder von Zürich zu machen. Damit wollte ich im Oktober auch endlich mal ein schönes! 12 von 12 präsentieren.

Der Plan war genial. Allerdings ist es schwierig bis unmöglich, viele Bildmotive festzuhalten, wenn der Akku bereits im Zug nur noch 6 % anzeigt. Auf die Idee eine Powerbank mitzunehmen oder am Kiosk eine zu kaufen, kam ich natürlich nicht. Ich bin eindeutig keine Digital Native 🙂 .

Warum mache ich mir bloss immer Pläne?

5. Einen ironischen Beitrag verfassen?

Ich bin Teil der Content Society, einer Weiterbildung, die von Judith Peters geleitet wird. Judith schlägt uns jede Woche ein Thema vor, das wir verbloggen können. Und ausgerechnet diese Woche ging es darum, eine ironische Anleitung zu verfassen. Was sollte ich bitte schön zum Thema „How NOT to – eine ironische Anleitung“ schreiben? Worüber konnte ich überhaupt eine ironische Anleitung verfassen?

Ich hatte mich bereits entschlossen, diesen Vorschlag zu ignorieren. Aber dann las ich die ersten Beiträge und habe mich königinnenlich amüsiert. Und plötzlich war das Thema gefunden. Wie gelange ich möglichst schnell zu sehr viel Content, damit mich die Welt wahrnimmt oder anderes gesagt Mit nur 10 Minuten täglichem Einsatz zu einer/einem garantiert erfolgreichen Blogger:in werden.

In einem meiner letzten Artikel verwendete ich Zitate, was zu positivem Feedback führte. Damit war der erste Tipp geboren. Danach ging es Schlag auf Schlag. Am Ende stand da eine Erstfassung, die einigermassen lustig, aber keinesfalls ironisch war. Zum guten Glück konnte mir meiner Blog-Buddy mit ihren Tipps weiterhelfen. Sie riet mir unter anderem frecher zu schreiben, zu übertreiben und zu flunkern.

Mit der Einleitung tat ich mich sehr schwer. Ich musste meinen ganzen Mut zusammennehmen, um folgenden Satz zu schreiben: „Es werden sogar Kurse angeboten, in denen du angeblich lernst, wie man gute Artikel schreibt. Ich sage dir, das ist reine Geldmacherei.“ Über die persönlichen Artikel herzuziehen, fiel dann hingegen sehr einfach .

Und wie es scheint, hat der Artikel den gewünschten Effekt erzielt.

Nicole
Hilkea
Luise

Erkenntnisse meines Selbststudiums

1. Schreiben löst Gefühle und Emotionen aus

Schreiben lässt sich nicht erzwingen. Es gibt Themen, bei denen sich Widerstände regen, über die nicht geschrieben werden will. Das ist ok. Persönliches und/oder kreatives Schreiben löst Gefühle und Emotionen aus. Die sind ernst zu nehmen. Die Frage, die sich in einer solchen Situation stellt, ist simpel: Will ich diesen Widerständen auf den Grund gehen?

Lautet die Antwort nein, dann wird das Thema nicht behandelt. Ohne schlechtes Gewissen. Ohne das Gefühl versagt zu haben. Wer weiss, vielleicht taucht es später wieder in einer anderen Form auf und lässt sich thematisieren.

Lautet die Antwort hingegen ja, dann mache ich persönlich gute Erfahrungen damit, dass ich mich von der Écriture automatique treiben und leiten lasse. Es ist keinesfalls so, dass sich dadurch die Widerstände von einer Minute auf die andere lösen. Aber das nicht kontrollierte Schreiben öffnet mir Herz und Blick. Unter Umständen werden mir andere Punkte bewusst, die es aufzulösen gilt, bevor ich mich mit dem tatsächlichen Grund für den Widerstand beschäftigen kann.

2. Schreiben ermöglicht neue Erfahrungen

Etwas Neues, Unbekanntes ausprobieren, kann motivieren, aber auch Angst wecken. Lust und Neugier auf neue Erfahrungen, gleichzeitig Angst vor dem Versagen, dem Gefühl, der Sache nicht gerecht zu werden. Allerdings birgt jeder gescheiterte Versuch und jeder Fehler auch die Möglichkeit, eine neue Erfahrung zu machen.

Konkret bedeutet dies in meinem Falle: Ich wollte mich auf eine Blogparade einlassen, das Thema sagte mir nicht zu. Trotzdem habe ich einen Weg gesucht, mich dem Thema anzunähern, mich mit ihm auseinanderzusetzen. Der Artikel, der anschliessend entstanden ist, hat zwar nur noch entfernt mit dem Ursprungsthema zu tun. Aber er lieferte mir tiefe Einsichten darüber, was mir Schreiben bedeutet. Cool, nicht wahr?

3. Schreiben verhilft zu Objektivität

Zeitliche Distanz klärt den Blick und relativiert. Eine Reflexion macht dann Sinn, wenn Eindrücke nicht mehr hektisch durcheinanderwirbeln, sondern sie sich bereits gesetzt haben. Dann kann ich in Ruhe hinblicken und die einzelnen Punkte analysieren, ohne von anderen Eindrücken abgelenkt zu werden.

Diese Art der Betrachtung ermöglicht es mir, mich objektiver mit Gegebenheiten auseinanderzusetzen. Ganz abgesehen davon, bleiben in meinem Gedächtnis positive Ereignisse viel intensiver hängen, während die negativen schnell verblassen. Dies führt dazu, dass ich mich mit Erfahrungen und Erkenntnissen auseinandersetze, die mich weiterbringen.

4. Ich bin eine modulare Planerin

In der Ausbildung von Lehrpersonen wird immer wieder auf die Wichtigkeit von linearen Verlaufsplanungen (genaue schriftliche Lektionenplanung) hingewiesen. Ich wurde damit nie so recht warm, ich bin eine modulare Planerin. Das bedeutet, dass ich über ein breites Repertoire an soliden, vielfach praktizierten, gut verstandenen und erfolgversprechenden Praktiken verfüge. Mein Weg ist nicht bis ins kleinste Detail vorgeplant, sondern offen, da ich flexibel und situativ reagieren kann.

Es ist erstaunlich, dass ich trotz dieses Wissens ausserhalb der Schule und des Unterrichts immer mal wieder das Gefühl habe, ich müsse einen Plan erstellen. Ich weiss doch ganz genau, dass ich mich nicht daran halte(n kann), aber doch immer mein Ziel erreiche.

5. Beispiele und Vorlagen ermutigen

Wer viel liest, wird mit der Zeit auch immer besser schreiben – mit diesen Worten versuchte man in meiner Jugend, die Lesemotivation von uns Kindern und Jugendlichen zu fördern. Das Lesen soll zu einem grösseren Wortschatz führen, was wiederum den schriftlichen Ausdruck verbessere.

Das regelmässige Lesen beinhaltet aber noch einen weiteren Nutzen. Ich nehme wahr, wie Texte aufgebaut, Themen angegangen und bearbeitet werden, aber auch welche rhetorischen Mittel eingesetzt werden können.

Die ironischen Blog-Artikel meiner Kolleginnen, zeigten mir Ideen und Herangehensweisen auf, wie sich dieses spezielle Thema bearbeiten lässt und ermutigten mich, selbst einen Versuch zu starten.

Auch keine neue Erkenntnis – aber sie wurde mir dank meines persönlichen Schreibprojekts wieder bewusst. Ich erlebte ganz praktisch und konnte nachvollziehen, wie hilfreich Beispiele oder Vorlagen sein können. Ich werde dieses wiederbelebte Wissen in der einen oder anderen Form sicher auch in meine Schreibworkshops einfliessen lassen.

Bonus Erkenntnisse

Zusätzlich sind mir noch zwei weitere Punkte aufgefallen.

  • Die Zusammenarbeit mit meiner Blog-Buddy ist bereichernd und inspirierend. Der Aussenblick auf einen Text, das Nachfragen, Hinterfragen, Vorschlagen führen zu einem kohärenteren, stimmigeren Artikel. Inhaltliche Lücken und Sprünge werden erkannt und können bei der Überarbeitung gefüllt werden.
  • Das Schreiben gibt mir nicht nur Energie, wie ich bis anhin dachte, sondern erfüllt mich auch mit Ruhe und Gelassenheit. Deshalb werde ich weiterschreiben und mir weiterhin Inseln dafür schaffen.

Die grössten Ereignisse sind nicht unsere lautesten, sondern unsere stillsten Stunden

Friedrich Wilhelm Nietzsche

Für die Kommentare danke ich folgenden Bloggerinnen

4 Kommentare zu „Erkenntnisse und Ergebnisse aus meiner persönlichen Blog-Dekade

  1. Liebe Gabriella,
    wieder einmal ein Artikel von dir, den ich mit viel Genuss gelesen habe. Für mein Empfinden schreibst du auf hohem sprachlichen Niveau und inhaltlich reflektiert. Ich würde soweit gehen und es literarisch und professionell nennen – das spricht mich total an. Auch optisch ist alles superklar gegliedert – für mich als „Augenmensch“ sehr angenehm.
    Neu gelernt habe ich den Begriff „modulare Planerin“ – und erkenne mich darin direkt wieder. Danke für diesen Impuls, ich werde mich damit mal tiefer beschäftigen.
    Und natürlich: Ganz herzlichen Dank fürs Erwähnen und Verlinken!
    Liebe Grüße
    Viktoria

  2. Liebe Gabriella, was ein schöner Artikel, der dein selbst auferlegtes Experiment der Blogdekade gut beschreibt. Vor allem auch, welche Erkenntnisse du aus diesem Experiment für dich heraus filtern konntest. An deinen ironischen Artikel kann ich mich gut erinnern und er bringt mich wieder zum Schmunzeln. Genial witzig! Danke dir für die Nennung und Verlinkung.❤

  3. Ist ja unglaublich, wie hübsch du mit dir ins Gericht gehst. Ja, die Erfahrung habe ich auch gemacht, dass, wenn die Themen nicht meine waren, ich nichts, aber auch gar nichts zustande brachte. Meine Puppenkleider einzupacken und auf einen anderen Hof spielen zu gehen, ist mir schon in den Sinn gekommen, habe aber die Chance nicht genutzt. Wie zauberhaft, dass du das so hübsch zuweist. Solltest Du je ein Buch schreiben, ich würde es kaufen!

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