Meinen Namen habt ihr bereits erfahren. Zu finden sind meine Verwandten und ich vor allem in Schulhäusern, die Glücklicheren unter uns leben in Badezimmern. Ich gehöre leider nicht zu denen, die mit feinriechenden Dusch- oder Bademitteln getränkt werden, damit sie ihren Aufgaben nachkommen können. Mich hat das Schicksal in ein Schulzimmer verschlagen.
Hauptberuflich war ich als Auslöscher tätig. Ich löschte alle Spuren, die Lehrpersonen während ihres Unterrichts an der Wandtafel hinterliessen. So vielfältig wie die Lehrpersonen und ihr Unterricht, so unterschiedlich war meine Putztätigkeit. Ich wischte Texte, Listen aber auch wunderschöne Bilder weg. Mein Job beschäftigte mich jede Woche von Montag bis Freitag, Woche für Woche.
Und dann begann der Niedergang meiner Karriere
In den letzten Jahren werde ich allerdings vermehrt vernachlässigt. Der ganze Prozess begann schleichend. Erst kam der Hellraumprojektor, der mir meine Arbeit streitig machte. Die Lehrpersonen fanden es wunderbar, mit feinen Stiften statt mit kratzigen Kreiden zu schreiben und ihre Erkenntnisse so den Schüler:innen zu zeigen. Das Zusammenleben mit dem Hellraumprojektor gestaltete sich nach anfänglichen Schwierigkeiten angenehm. Ich habe mich von den jahrelangen Strapazen erholen können und musste mich vor allem nicht mehr mit allen möglichen Farbspuren beschmutzen lassen.
Dann hielten die elektronischen Medien Einzug in die Schulen. Beamer, Visualizer, Smartboards und wie sie alle heissen. Aus meiner Sicht: die bare Katastrophe. Obwohl ich noch jung, dynamisch und energiegeladen bin, hat man mich in den Frühruhestand geschickt. Es gibt keine Aufgaben mehr für mich im Schulzimmer.
Und was sagen die Lehrpersonen, denen ich jahrzehntelang treu zur Seite stand? „Schwamm drüber“ und meinen damit, vergiss es, schon gut. Ist das der Dank für meine jahrelangen, treuen Dienste?
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Dieser Text sowie Der Klang der Wörter ist im Rahmen des Wahlfachs Schreiben entstanden. Am 23. August haben 35 Schüler:innen zu bloggen begonnen. Und bereits nach einer Woche sind folgende Texte ins Rampenlicht des Internets getreten:
- Wörterliste von Pjero
- Ich bin ein Apfel von Jessica
- Das bin ich – die knackige, schräge Palme von Dion
- Krokatus von Fuad
- Erwartungen an das Wahlfach Schreiben von Melvin
- Eine 5-Wort-Geschichte von Jamelia
achje, der Schwamm tut mir regelrecht leid. Das ist aber schön, dass du ihm einen Artikel gewidmet hast, bevor er ganz von der Bildfläche verschwindet.
Manchmal ist er auch als nasser, fliegender Schwamm unterwegs und schreibt nach Aufmerksamkeit 🙂 . Die habe ich ihm jetzt zukommen lassen.
Danke für diese verschiedenen Blickwinkel! Richtig toll geschrieben und ich würde gerne weiter lesen 🙂
Hast du gesehen, dass du die Beiträge der SuS abonnieren kannst? War eine rhetorische Frage 🙂 .
Was für eine schöne Geschichte!