Die jährliche Mitarbeiter:innen-Beurteilung (MAB) ist ein wertvoller Moment der Reflexion, da sie die Gelegenheit bietet, innezuhalten und zurückzublicken, die Erfahrungen des vergangenen Schuljahres zu analysieren und einen klaren Fokus und Entwicklung durch Zielsetzung für das Folgejahr zu setzen. Als Lehrperson formuliere ich bewusst eine Zielsetzung, die meine persönliche Weiterentwicklung stärkt und zugleich die Qualität meines Unterrichts und des Schulalltags verbessert. Diese wird der Schulleitung vorgeschlagen und dient als Leitlinie für das kommende Jahr.
Ein klar definiertes Ziel hilft dabei, den Schulalltag bewusster zu gestalten, Schüler:innen gezielter zu fördern und Routinen zu hinterfragen. Fokus und Entwicklung durch Zielsetzung sorgen für Struktur, neue Impulse und motivieren, über den Tellerrand hinauszublicken. Beim nächsten MAB-Gespräch reflektiere ich, welche Erfahrungen ich mit meiner Zielsetzung gemacht habe, ob Anpassungen nötig waren und welchen Einfluss sie auf meinen Unterricht hatten.
Warum sich diese bewusste Fokussierung lohnt, welche Vorteile sie mit sich bringt und wie sie den Lehrer:innenalltag nachhaltig bereichert, erfährst du in diesem Beitrag. Beginnen werde ich mit der Frage, warum es überhaupt sinnvoll ist, sich eine klare Zielsetzung für das Schuljahr zu geben.
1. Warum es sinnvoll ist, sich eine klare Zielsetzung für das Schuljahr zu geben
Mir eine klare Zielsetzung für ein Schuljahr zu setzen, ist aus mehreren Gründen sowohl für mich als auch für Schüler:innen von grosser Bedeutung. Eine bewusste Zielsetzung hilft mir nicht nur dabei, meinen Unterricht stetig zu verbessern, sondern fördert auch meine professionelle und persönliche Weiterentwicklung und trägt zu einer positiven Lernumgebung bei.
Grund 1 – Fokus und Struktur im Berufsalltag
Der Schulalltag ist oft von zahlreichen Aufgaben, unerwarteten Herausforderungen und organisatorischen Anforderungen geprägt. Eine klare Zielsetzung hilft mir, den Fokus und meine Entwicklung gezielt auf bestimmte Aspekte meiner Lehrpraxis zu legen und gezielt daran zu arbeiten, anstatt von unterschiedlichen, äusseren Umständen beeinflusst zu werden. Dies fördert eine strukturierte und reflektierte Arbeitsweise.
Grund 2 – Gezielte Weiterentwicklung als Lehrperson
Auch nach über 35 Jahren Erfahrung gibt es immer noch eine Fülle von Möglichkeiten, in denen ich mich weiterentwickeln kann. Die bewusste Zielsetzung regt mich dazu an, nicht in Routinen zu verharren, sondern neue Impulse in meine pädagogische Arbeit einfliessen zu lassen. Fokus und Entwicklung durch Zielsetzung unterstützen mich dabei, kontinuierlich an meiner Lehrpraxis zu arbeiten und neue Wege der Unterrichtsgestaltung zu entdecken.
Grund 3 – Steigerung der Unterrichtsqualität
Indem ich mir spezifische Ziele setze, entwickle ich meinen Unterricht kontinuierlich weiter. In den vergangenen Jahren habe ich unterschiedliche Schwerpunkte verfolgt, darunter:
🎯 Vertiefung kooperativer Lehrformen
🎯 Binnendifferenzierung im Fach RKE (Religion, Kultur, Ethik)
🎯 Kompetenzorientierte Beurteilung mit Fokus auf formative Evaluation
🎯 Effizientes Erledigen administrativer Aufgaben
🎯 Aufbau eines Schreibzentrums
🎯 und vieles mehr.
Jedes dieser Ziele hat dazu beigetragen, meine Lehrpraxis zu verbessern und den Unterricht gezielt an die Bedürfnisse der Schüler:innen anzupassen.
Grund 4 – Vorbildfunktion für Schüler:innen
Als Lehrperson bin ich eine zentrale Bezugsperson und ein Vorbild für meine Schüler:innen. Wenn ich ihnen vorlebe, dass ich mir Ziele setze und an meiner Weiterentwicklung arbeite, ermutige ich sie, eigene Ziele zu verfolgen. Dies stärkt ihre Eigenverantwortung und Motivation.
Grund 5 – Erfolgserlebnisse und Motivation
Klare Ziele ermöglichen es, Fortschritte und Erfolge sichtbar zu machen. Wenn ich am Ende des Beurteilungsprozesses zurückblicke, reflektiere ich die Umsetzung und Wirkung meines Ziels sowie die damit verbundenen Erfahrungen. Dies stärkt mein Bewusstsein für positive Entwicklungen und motiviert mich, kontinuierlich an meiner Lehrpraxis und Persönlichkeit zu arbeiten.
Grund 6 – Individuelle Förderung der Schüler:innen
Jede Klasse ist heterogen und die Schüler:innen haben unterschiedliche Bedürfnisse. Eine gezielte Zielsetzung unterstützt mich dabei, auf spezifische Herausforderungen einzugehen und differenzierte Fördermassnahmen zu entwickeln. So kann ich Lernprozesse individueller gestalten und gezielt Schüler:innen unterstützen.
Grund 7 – Vermeidung von Stagnation
Eine klare Zielsetzung ist somit ein essenzielles Instrument zur Weiterentwicklung meiner pädagogischen Arbeit, zur Steigerung der Unterrichtsqualität und zur nachhaltigen Förderung meiner Schüler:innen.
Ohne bewusste Ziele besteht die Gefahr, dass ich mich in routinierten Abläufen verliere und den eigenen Unterricht überhaupt nicht oder weniger kritisch hinterfrage. Eine klare Zielsetzung zwingt mich zu ständiger Reflexion und Innovation, wodurch ich neue Erkenntnisse gewinne und meine Lehrmethoden kontinuierlich verbessere.
Neben der bewussten Zielsetzung für meine eigene Weiterentwicklung und die Qualitätssteigerung meines Unterrichts gibt es noch einen weiteren Aspekt, der mir besonders am Herzen liegt und den ich in meinem Schulalltag nicht aus den Augen verlieren möchte. Gerade weil es im Trubel des Schulalltags leicht passiert, dass bestimmte Schüler:innen weniger in den Blick geraten, möchte ich meinen Fokus gezielt auf einen Aspekt legen, der oft unterschätzt wird.
2. Nicht übersehen werden: Ein bewusster Blick auf zuverlässige und unauffällige Lernende
Während meiner Tätigkeit als Lehrperson auf der Sekundarstufe I habe ich immer wieder festgestellt, dass es in jeder Klasse Schüler:innen gibt, die durch ihre Zuverlässigkeit, ihr angepasstes und unauffälliges Verhalten sowie ihre guten schulischen Leistungen oft wenig Aufmerksamkeit erhalten. Während ich mich verständlicherweise verstärkt um lernschwächere oder auffällige Schüler:innen kümmere, geraten diese stillen, pflichtbewussten Lernenden leicht aus dem Blickfeld.
Gerade weil sie selten Hilfe einfordern und oft ohne grössere Unterstützung erfolgreich sind, bleibt für sie im Alltag nur wenig bewusste Zeit übrig. Dies hat in mir immer wieder das Gefühl erzeugt, dass sie nicht die Anerkennung und Förderung erhalten, die sie ebenso verdienen wie alle anderen. Ich möchte diesem Ungleichgewicht aktiv entgegenwirken, denn es liegt mir am Herzen, alle Schüler:innen gezielt zu fordern und zu fördern, unabhängig davon, ob sie laut oder leise sind, ob sie Hilfe einfordern oder still mitarbeiten.
Deshalb habe ich mir folgendes Ziel gesetzt:
Ich nehme mir jede Woche mindestens 20 Minuten bewusst Zeit, um mit drei unauffälligen, zuverlässigen und guten Schüler:innen individuell ins Gespräch zu kommen. Dabei frage ich gezielt nach ihren Lernfortschritten, Interessen und möglichem Unterstützungsbedarf.
Meine Zielsetzung beruht auf mehreren pädagogischen Überlegungen:
Absicht 1 – Stärkung der Motivation und Wertschätzung
In jeder Klasse gibt es Schüler:innen, die durch ihr Verhalten oder ihre Leistungen besonders auffallen – sei es positiv oder durch besondere Herausforderungen. Dabei geraten gerade die zuverlässigen, stillen und unauffälligen Schüler:innen oft aus dem Fokus. Ihre Leistungen und ihr Engagement sind jedoch ebenso wertvoll und verdienen es, gesehen und gewürdigt zu werden.
Zuverlässige Schüler:innen leisten ihren Beitrag zum sozialen Miteinander und zur positiven Unterrichtsatmosphäre. Durch gezielte Gespräche können sie sich wertgeschätzt und ernst genommen fühlen. Diese Anerkennung kann ihre intrinsische Motivation stärken und sie ermutigen, sich aktiv einzubringen. Das Gefühl, wahrgenommen zu werden, ist ein wichtiger Faktor für die Lernfreude und das Engagement im Unterricht.
Fokus und Entwicklung durch Zielsetzung ermöglichen es mir, genau diese Schüler:innen bewusster wahrzunehmen und ihnen die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdienen.
Absicht 2 – Stärkung der individuellen Förderung
Unauffällige, zuverlässige und gute Schüler:innen erfahren in der Regel weniger individuelle Förderung. Mein Ziel stellt sicher, dass ich auch sie wahrnehmen und gezielt unterstützen werde.
Auch leistungsstarke oder unauffällige Schüler:innen haben persönliche Interessen, Herausforderungen und Unterstützungsbedarfe. Durch gezielte Gespräche kann ich besser erkennen, welche individuellen Bedürfnisse sie haben und ob es Bereiche gibt, in denen sie sich mehr Förderung oder Anregung wünschen. Jede:r Schüler:in hat besondere Talente und Interessen. Durch den gezielten Austausch kann ich diese besser erkennen und fördern, was die persönliche Entwicklung unterstützt.
Absicht 3 – Vertiefung der Beziehung
Eine vertrauensvolle, wertschätzende Beziehung zwischen meinen Schüler:innen und mir ist ein wesentlicher Faktor für erfolgreiches Lernen. Durch regelmässige Gespräche wird die Beziehung gestärkt. Diese Gespräche fokussieren sich nicht nur auf schulische Leistungen, sondern bieten auch Raum für persönliche Interessen, Zukunftswünsche und Herausforderungen.
Durch bewusste Zeit für persönliche Gespräche wird eine vertrauensvolle Beziehung aufgebaut, was sich positiv auf das Klassenklima und die Unterrichtsatmosphäre auswirkt. Schüler:innen, die sich in der Klasse wohl und anerkannt fühlen, sind motivierter, sich aktiv zu beteiligen und Verantwortung für ihr eigenes Lernen zu übernehmen.
Absicht 4 – Vermeidung von Übersehen-Werden
Unauffällige Schüler:innen haben oft nicht das Bedürfnis, sich in den Mittelpunkt zu stellen. Doch gerade das kann dazu führen, dass sie in der Masse untergehen und sich weniger gesehen fühlen. Dies kann langfristig dazu führen, dass sie ihr eigenes Potenzial unterschätzen oder sich weniger wertgeschätzt fühlen.
Indem ich bewusst Zeit für persönliche Gespräche einplane, kann ich sicherstellen, dass jede:r Schüler:in wahrgenommen wird. Das Gefühl der Zugehörigkeit und Anerkennung trägt zu einem positiven Selbstbild und einer gesunden Lernmotivation bei.
Absicht 5 – Frühzeitige Erkennung von Unterstützungsbedarf
Nicht alle Herausforderungen oder Bedarfe sind auf den ersten Blick erkennbar. Auch Schüler:innen, die sich unauffällig verhalten, können in bestimmten Bereichen Unterstützung benötigen, sei es in fachlichen, sozialen oder emotionalen Belangen.
Regelmässige Gespräche helfen mir dabei, frühzeitig zu erkennen, wo Unterstützung notwendig ist. Vielleicht gibt es Unsicherheiten in bestimmten Fächern, Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion oder Herausforderungen, die ausserhalb der Schule liegen. Durch das gezielte Nachfragen kann ich besser darauf eingehen und rechtzeitig Massnahmen ergreifen, um die Schüler:innen individuell zu unterstützen.
Deshalb empfehle ich dir eine prägnante Zielsetzung zu formulieren
Sich eine klare Zielsetzung für das Schuljahr zu setzen, ist eine bewusste Entscheidung für Weiterentwicklung, Qualitätssicherung und persönliche Reflexion. Es hilft, fokussiert zu bleiben, motiviert zur Verbesserung und sorgt für ein bereicherndes Lehrerlebnis, sowohl für die Lehrperson als auch für die Schüler:innen.
Auch als erfahrene Lehrperson ist es mir wichtig, mich stetig weiterzuentwickeln und bewusst an meiner pädagogischen Praxis zu arbeiten. Zusammengefasst hilft mir ein persönliches Ziel aus den folgenden Punkten dabei.
- Reflexion und bewusste Handlung: Anstatt im Schulalltag in Routinen zu verfallen, zwingt mich diese Zielsetzung dazu, aktiv Zeit für diese Gespräche einzuplanen und sie nicht dem Zufall zu überlassen.
- Weiterentwicklung der eigenen Lehrpraxis: Auch nach vielen Jahren gibt es immer neue Wege, meine Schüler:innen besser zu begleiten und zu unterstützen.
- Vorbildfunktion für Schüler:innen: Indem ich mir selbst Ziele setze, zeige ich meinen Schüler:innen, dass lebenslanges Lernen und persönliche Weiterentwicklung wichtig sind.
Diese Zielsetzung ist für mich daher nicht nur eine bewusste Entscheidung, sondern auch ein wichtiger Schritt, um meinen Unterricht noch nachhaltiger und wertschätzender zu gestalten.